EBERHARD HAHNE
Photojournalist
Normandie/Côte de Fleuri
Golf und Meer
Text und Fotos: Eberhard Hahne
Die Normandie gilt als golferisches Niemandsland. Allgegenwärtig in den Medien sind die Türkei, Portugal, Spanien oder Irland mit ihren oft überfüllten und teuren Plätzen. Dabei ist die Normandie nur ein paar Autostunden entfernt und verfügt über eine Vielzahl einzigartiger und bezahlbarer Golfplätze. Die excellente normannisch-französische Küche sucht ihresgleichen, und die reiche Natur- und Kulturlandschaft runden den Rahmen für die schönsten Wochen des Jahres ab. Als schönster und charakteristischer Teil der Normandie gilt die Côte Fleuri südlich von Le Havre. Die sanft hügelige Topografie sowie die ländliche Architektur erinnert stark an den Süden Englands. Dichte Heckenwälle säumen Felder und Wege, die Hügel sind gekrönt mit Eichen- und Kastanienwäldchen. Verschlafene Ortschaften im typisch normannischen Fachwerkstil wirken wie aus einem Märchenbuch kopiert. Das Leben geht hier seinen ruhigen Weg. Turbulenter ist die Atmosphäre in Honfleur, Trouville, Deauville und Cabourg, den traditionellen Badeorten der Côte Fleurie. Die malerischen Altstädte und Häfen sind gespickt mit Galerien, Antiquitätenläden und Restaurants. Nirgends sind Austern, Peterfisch oder Seewolf frischer.
Da Golfer bekanntermaßen ihre sportliche Leidenschaft bei der Urlaubsplanungen voranstellen, ist die Normandie prädestiniert kulturelle und sinnliche Lücken zu schließen. Das Rahmenprogramm liegt sozusagen vor der Tür.So könnte ein ausgefüllter Urlaubstag vormittags mit einer gepflegten Runde auf dem Golfplatz von Vaudreuil beginnen und nach einem kulinarischem Erlebnis im urig-normannischen Clubhaus, mit einen Bummel durch die altehrwürdigen Gassen der Residenzstadt Rouen abgerundet werden. Der Par 74 Platz, 1962 gegründet, liegt auf historischem Grund. Richard Löwenherz, Wilhelm der Eroberer und der Sonnenkönig Ludwig der XIV. residierten hier. Ein über hunderjähriger Baumbestand in der parkähnlichen Anlage begrenzt die offenen, gepflegten 6224 Meter langen Fairways. Die etwas trockenen Grüns sind wenig beguardet. Auf den Frontnine stört die längslaufende Eisenbahnlinie Paris-Rouane die ansonsten ausgesprochene Beschaulichkeit des Platzes. Direkt am Strand von Cabourg liegt der 1907 gegründete Golf de Cabourg Le Home (48,- Euro, 5234m, Par 68). Die kurzen Par 3 und Par 4 Bahnen 1, 2 und 13 bis 18 schlängeln sich durch urige Dünentäler und haben klaren Linkscharakter. Die restlichen Bahnen, durch eine Landstraße getrennt, verlaufen topfbodenflach durch saftige Wiesen und Felder. Schmale Fairways, viel, viel Wasser und geschickt gesetzte Bäume und Buschwerk verlangen präzise Schläge. Dem rustikalen, aber charmanten Clubhaus sieht man das Alter an. Nach der Runde empfiehlt sich ein erfrischendes Bad im Atlantik (direkt am 18. Grün) oder eine Visite der von der Belle Épocue geprägten Altstadt von Cabourg. Das große Kasino und die lange Strandpromenade locken viele Besucher an.
Nur 15 km von Deauville, dem mondänsten Badeort an der Côte Fleuri, entfernt, liegt Golf Barrière de Saint-Julien (Par 72, 6035m). Der 27 Lochplatz, in einem 90 ha großen, denkmalgeschützten Park gelegen, mit Ausblick auf die sanften Hügel des Pay de Auge, befriedigt auch höchste golferische Ansprüche. Erst 2002 überarbeitet, zeigt sich der zur Barriere Gruppe gehörende Platz von seiner besten Seite. Der untere Teil des Kurses erhält durch Wasserbiotope zusätzliche Schwierigkeit. Der Slope von 131 wird im Sommer durch undurchdringliches Rough noch anspruchsvoller. (Kommt mir irgendwie bekannt vor! Anm. des Autors) Jede Bahn hat ihren unverwechselbaren Charakter und lässt viele Spielmöglichkeiten zu. Die Fairways und Grüns sind in bemerkenswertem Zustand. Auch das neue, helle Clubhaus in historischem Gemäuer, lässt keine Wünsche offen. Wer nach Bewältigung dieses hügeligen Kurses noch Unternehmungsgeist besitzt, dem sei ein Besuch im Calvadosmuseum von Pierre Magiore im unweit gelegenen Evreux empfohlen. Der große Bruder von Saint Julien heißt New Golf Barrière de Deauville (5951m). Im gleichen perfekten Zustand, oberhalb von Deauville auf den Hügeln des Mount Canisy und zu Füßen des großartigen Grandhotels du Golf Barriere gelegen, gilt als einer der schönsten Plätze Frankreichs und kann es leicht mit der internationalen Konkurrenz aufnehmen. Durch das elegante Ambiente bekommt die Runde etwas Festliches. Der 1929 von Tom Simpson entworfene Platz (Slope 130) ist harmonisch der Landschaft angepasst und bietet durch die vielseitigen Panoramen und sehr abwechselungsreichen Herausforderungen eine spannende Runde. Der Service sucht seinesgleichen. Das unterhalb gelegene Deauville gilt als Hochburg der internationalen Highsociety. Grand-Prix-Pferderennen, Polo und Segelregatten sind die sportlichen Alternativen der noblen Klientel. Abends lockt das historische Kasino mit Roulette, Black Jack und Shows.
Ein Highlight des Normandie Golfs (ca. 100 Kilometer nördlich von Le Havre) bietet der 6073 Meter lange Golfplatz von Etretat (54,- Euro). Auf den steilen Klippen gleichen Namens angelegt, bietet er atemberaubende Aussichten auf die Stadt und die vom Meer in Jahrhunderten geformten Kreidefelsen. Die gepflegten und abwechslungsreichen Fairways sind lang, gerade, schmal und durch Baum- und Buschgruppen anspruchsvoll gestaltet. Der kräftige Wind und die große Anzahl an Bunkern tun ihr übriges. Die Lage entschädigt aber für einen noch so mageren Score. Ein Bummel durch die historische Altstadt von Etretat (Guy de Maupassant, Claude Monet, Jacques Offenbach ließen sich hier inspirieren), einen Crepes an der alten Markthalle, bei heißem Wetter ein Bad zwischen den Klippen rundet diesen Ausflug ab.
Selbst dem historisch unkundigen Golfer wird klar, auf welch geschichtsträchtigem Boden er zu spielen beabsichtigt, wenn er sich dem GC Omahabeach (5 974m, 45,- Euro) nähert. Hinweisschilder zu D-Day-Museen, Soldatenfriedhöfen, unzählige Bunkerrelikte, zu Denkmälern umfunktionierte Sherman-Panzer zeugen von dem historisch größten militärischen Aufmarsch, der Invasion in der Normandie am 6. Juli 1944. Omaha Beach war der Küstenabschnitt, der den amerikanischen Truppen zugeordnet war. 4 000 Soldaten fielen dort innerhalb von drei Stunden. Nun wird dort Golf gespielt. Der 27 Lochplatz führt durch ein Kaleideoskop von Landschaftsprofilen. Die ersten Neun, l´Etang, kleben an einem mit Kiefern und Rohdodendren bewachsenen Steilhang und treffen sich an einem in der Senke gelegenen künstlichen See, die zweiten Neun, La Mer, haben Linkscharakter. Die Dritten Neun, Le Bocage, führen sanft gewellt durch Apfelplantagen und Heckengelände, sind aber nicht so charakteristisch wie die beiden anderen Bahnen. Die schöne, mittelalterliche Stadt Bayeux, nur wenige Kilometer entfernt, bietet dem Kulturfreund einen runden Abschluss eines ereignisreichen Golftages. Eine weltbekannte Attraktion ist der 70 Meter lange Gobelin, welcher die Eroberung Englands durch den Normannenherzog Wilhelm im Jahre 1066 in 58 Bildern darstellt. (Centre Guillaume le Conquérant).
Wie in einem verwunschenen Märchenpark kommt sich der Golfer in der Anlage von Houlgate (Par 71, 5480m 40,- Euro) vor. Der 1980 entstandene Kurs schlängelt sich durch verwunschene, dichtbewachsene Auen, führt steil die Hügel empor, von denen man einen wunderbaren Ausblick auf die tiefgestaffelte Landschaft der Dives-Mündung hat. Das malerische Chateu Beuzval bildet Ausgangs- und Endpunkt der hervorragend gepflegten und wenig besuchten Anlage. Vor allem die in Schlossnähe gelegen, wasserreichen, von alten Bäumen und Hecken begrenzten Bahnen bleiben in guter Erinnerung. Das improvisierte Clubhaus befindet sich leider nicht im imposanten Schloss, sondern in einer wenig einladenden Holzbaracke. Houlgate, ein klassischer französischer Badeort liegt gleich nebenan und erfreut sich großer Beliebtheit.
FORE-Golfmagazine